Eine Tinnitus-Beurteilung ist der zweite Teil der umfassenderen Tinnitus-Untersuchung den Hörakustiker und Audiologen im Anschluss an eine Standardbeurteilung des Hörvermögens durchführen. Diese Übersicht befasst sich mit spezifischen Tinnitus-Tests, die über eine Standardbewertung des Hörvermögens hinausgehen, um ein klares und vollständiges klinisches Bild des Tinnitus-Patienten zu erhalten. Detaillierte Informationen über die zusätzlichen Komponenten einer Tinnitus-Beurteilung finden Sie unter The Tinnitus Toolbox.

So wird Tinnitus bei Betroffenen beurteilt

Eine spezifische Untersuchung auf Tinnitus im Anschluss an die ursprüngliche Bewertung des Hörvermögens besteht aus subjektiven Messungen, objektiven Messungen und psychoanalytischen Fragebögen, welche die Tinnitus-Symptome quantifizieren und einen Einblick in die Auswirkungen dieser Symptome auf die Lebensqualität des Tinnitus-Patienten geben. Mithilfe dieses Schrittes kann der Hörakustiker oder Audiologe außerdem den Tinnitus klassifizieren: subjektiver vs. objektiver (pulssynchroner) Tinnitus, primärer vs. sekundärer Tinnitus, akuter vs. chronischer Tinnitus und störender vs. nicht störender Tinnitus.

Tinnitus tritt oft im Zusammenhang mit Hörverlust und Geräuschüberempfindlichkeit auf, kann jedoch auch durch andere Erkrankungen verursacht werden, wie z. B. Stress, Angststörungen, Depression und Schlaflosigkeit.

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1. Subjektive Messung: Tinnitus-Fragebögen

Ein Protokoll zur Tinnitus-Beurteilung umfasst Messmethoden und Fragebögen zur Bewertung der Tinnitus-Reaktion und des Distress bei Tinnitus-Patienten. Folgende drei Methoden werden zur subjektiven Tinnitus-Beurteilung angewendet: Beurteilung des Ausmaßes der Tinnitus-Beeinträchtigung: Tinnitus Handicap Inventory (THI) und Tinnitus-Funktionsindex: Tinnitus Functional Index (TFI), die den Schweregrad und die negativen Auswirkungen des Tinnitus auf den Patienten bewerten und einstufen1, sowie der Tinnitus- und Gehörfragebogen: Tinnitus and Hearing Survey (THS), eine Beurteilungsmethode, die potenzielle Hörverluste von Tinnitus-Problemen unterscheidet.2 Zusätzlich werden diese drei Tinnitus-Beurteilungstools zum Messen des Fortschritts und Erfolgs der Tinnitus-Behandlung verwendet.

Der Tinnitusfragebogen ist ein hervorragendes klinisches Instrument für Patienten, die die Ursache für ihre Kommunikationsprobleme im Tinnitus sehen anstatt in ihrem Hörverlust.

Dany Pineault, AuD

2. Objektive Messung: Tinnitus-spezifische Beurteilung

Ein zweiter Schritt für die Tinnitus-Beurteilung in der Audiologie ist eine bessere Definition der Höreigenschaften des Tinnitus-Patienten in Bezug auf empfundene Tonhöhen, Lautheit und Vertäubbarkeit mit externen Tönen. Die psychoakustischen Messungen für diese wichtigen Tinnitus-Indikatoren bestehen aus Tonhöhen- und Lautheits-Matching, Tests des Mindest-Vertäubungspegels und einer Untersuchung der residualen Inhibition. Die Verfahren zum Tonhöhen- und Lautheits-Matching für Tinnitus sind kritisch bei der Verschreibung der nötigen Verstärkung für die Betroffenen, denn Forschungsergebnisse zeigen, dass Hörgeräte größeren Nutzen für Tinnitus-Patienten bringen, wenn die psychoakustischen Eigenschaften innerhalb der Frequenzbandbreite des Hörgeräts liegen.3,4

 

 

3. Berücksichtigung der psychischen Gesundheit: Psychoanalytische Fragebögen

Psychoanalytische Fragebögen sind der letzte Schritt bei der Tinnitus-Beurteilung. Sie dienen zur Erkennung von emotionalem Distress bei Patienten mit Tinnitus-Symptomen. Einige der häufigsten psychischen Gesundheitsprobleme im Zusammenhang mit störendem Tinnitus sind Depressionen, Angststörungen, Schlafstörungen und posttraumatische Belastungsstörung.

Das Beck-Depressions-Inventar, das State-Trait-Anxiety Inventory nach Spielberger und die Primary Care Checklist für PTSD sind klinische Tools mit Anweisungen zur einfachen und schnellen Bewertung zur Messung negativer Reaktionen infolge von Symptomen. Ein umfassenderes Verständnis der psychischen Gesundheit eines Tinnitus-Patienten ist von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung einer geeigneten Tinnitus-Behandlungsstrategie und die Verbesserung der Lebensqualität Ihres Patienten. Der therapeutische Wert einer Beratung für Tinnitus-Patienten ist eindeutig belegt, und die Beratung ist eine der wichtigsten Komponenten aller audiologischen Interventionen.5,6

 

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Quellen:

1. Meikle, M. B., Henry, J. A., Griest, S. E., Stewart, B. J., Abrams, H. B., McArdle, R., Myers, P. J., Newman, C. W., Sandridge, S., Turk, D. C., Folmer, R. L., Frederick, E. J., House, J. W., Jacobson, G. P., Kinney, S. E., Martin, W. H., Nagler, S. M., Reich, G. E., Searchfield, G., … Vernon, J. A. (2012). The Tinnitus Functional Index: Development of a New Clinical Measure for Chronic, Intrusive Tinnitus. Ear &; Hearing, 33(2), 153–176. https://doi.org/https://www.ncrar.research.va.gov/Education/Documents/TinnitusDocuments/TFI_EarHearing_2011.pdf

2. Henry, J. A., Griest, S., Zaugg, T. L., Thielman, E., Kaelin, C., Galvez, G., & Carlson, K. F. (2015). Tinnitus and hearing survey: a screening tool to differentiate bothersome tinnitus from hearing difficulties. American Journal of Audiology, 24(1), 66–77. https://doi.org/10.1044/2014_AJA-14-0042

3. McNeill, C., Tavora-Vieira, D., Alnafjan, F., Searchfield, G.D. & Welch, D. (2012). Tinnitus pitch, masking, and the effectiveness of hearing aids for tinnitus therapy. International Journal of Audiology; 51: 914-919. 32.

4. Araujo Tde, M. & Iorio, M.C. (2015). Effects of sound amplification in selfperception of tinnitus and hearing loss in the elderly. Brasilianisches Journal of Otorhinolaryngology; 82(3):289-296

5. American Speech-Language-Hearing Association. Richtlinien für Hörakustiker zur Beratung (Information und Anpassung) von Familien mit Säuglingen und Kleinkindern im Alter von Neugeboren bis 5 Jahren mit Hörverlust, 2008; www.asha.org/policy on 20.07.09

6. Aazh H, Moore BC, Lammaing K, Cropley M. Tinnitus and hyperacusis therapy in a UK National Health Service audiology department: Patients’ evaluations of the effectiveness of treatments. Int J Audiol. 2016 Sep;55(9):514-22

 

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